„Werden wir statt eines Knödels mit Gulasch zehn Knödel mit Gulasch essen?“
(Q: https://www.zeit.de/2012/26/Leopold-Kohr/seite-2)

Ist das Ganze doch die Summe seiner Teile und so gesehen nur ein gedankliches Artefakt?

Je mehr sich die vielen kleinen flexiblen Elemente eines gesellschaftlichen (Sub-)Systems „fusionieren“ und nach dem vermeintlichen Ziel eines perfekten Ganzen streben, desto mehr erstarrt ihre diverse Vielfalt zu einem homogenen Ideal, dass die Realität letztlich auf eine falsche Wahrheit reduziert.

In der statistischen Betrachtung ist dieser fatale „Vereinfacher“ der Mittelwert. Ein rechnerischer Repräsentant der um ihn gestreuten Vielfalt, ein nichtssagender Vielredner, ein Populist, der in einfachen Botschaften die Komplexität der Welt erklären möchte und diese dabei doch völlig „außen“ vorlässt.

In gewisser Weise zeigt uns die aktuelle COVID-19-Krise die Starre unserer Welt auf. Die Starre der homogenisierten Großstrukturen, die Inflexibilität der großen Mengen, weiten Wege und der globalen Rohstoffabhängigkeiten. Vielleicht haben wir bei all den komparativen Tauschoptimierungen und theoretischen Wirtschaftsmodellen vergessen, dass man die Suppe auch würzen muss.

Augenscheinlich wird diese Entwicklung gerade auch wieder in der Landwirtschaft. Je größer, spezialisierter und optimierter die landwirtschaftlichen Fabriken sind, desto schneller und härter werden sie die Auswirkungen dieser Krise spüren. Wenn das Kraftfutter aus dem globalen Warenstrom zu Weltmarktpreisen nicht mehr geliefert wird, was sollen die 2, 3, 400 Kühe, die 5.000 Schweine oder die 20.000 Hühner fressen? Eben … Später folgen dann auch die 20 Kühe, 40 Schweine und 100 Hühner unserer Kleinbauern, aber sehr, sehr viel später. Und wer schlachtet dann die 2,3, 400 Kühe, die 5.000 Schwein und die 20.000 Hühner? Unsere schlecht bezahlten Arbeitskräfte aus den benachbarten Ländern in den wenigen heimischen Megaschlachtfabriken die es noch gibt? Und so weiter und so fort …

Es gibt neben Gewinnen und Optimierungen – quod erat demonstrandum – also wohl noch andere wesentliche Zutaten für für eine gelungene Suppe.

Und ob diese Suppe nun Brutto-Inlandsprodukt heißt, Marktpreis oder sonst einen uns bekannten und bald nicht mehr hinterfragten und damit umso fraglicheren Wahrheitswert trägt. Da fehlt das Salz, da fehlen die Gewürze, da fehlt die Liebe, wie man das beim Kochen sagen würde.

Und damit ist auch schon die Brücke zu meinem Lieblingsthema geschlagen. In der Berechnung des Wohlstandes fehlen die Menschen, in der Berechnung des Preises die meisten Kosten. Wir belügen uns in einer wirklich zerstörerischen und zynischen Art und Weise selbst. Das Kapital durchlebt einen permanenten Zustand völliger kognitiver Dissonanz, den es mit immer noch mehr vom Gleichen auszugleichen sucht. Die breite Masse fühlt sich machtlos und ist es vermutlich auch und dazwischen tummeln sich die wirklich Dummen, die, die diesen ganzen wirtschaftsliberalen Ceteris-paribus-Hokus-Pokus tatsächlich glauben, die Masse verachten und das Kapital verehren.

Es macht daher vermutlich Sinn zwei Ökonomen wieder etwas zu entstauben und unserer Welt wieder etwas von ihrem Geist einzuhauchen. Leopold Kohr & Ernst Friedrich Schumacher, Small is beautiful. 

 

… und wie es so schön im Untertitel von Schumacher heißt: „Economics as if People Mattered“